Wie ich Hospizbegleiterin wurde

Vor 10 Jahren brach in mir eine Illusion zum Thema Krankheit radikal zusammen.

Drei Menschen aus meinem Freundeskreis erkrankten an Krebs und starben. Alle drei waren sehr spirituell und arbeiteten als Therapeuten. In meiner kindlichen Naivität meinte ich wohl, damit wäre man unangreifbar für solche Krankheiten und verstand die Welt nicht mehr. Insgeheim dachte ich immer:„ wenn ich mich nur brav weiterentwickle, kann das doch nicht passieren. Dann gibt es doch keinen Grund krank zu werden. „ Ich war zutiefst getroffen und suchte nach Erklärungen. Erstmal vergeblich. Umso größer war dann der Schock, als es mir dann selbst auch passierte. Ich hatte mehr Glück wie meine Freunde und dennoch, meine Endlichkeit wurde mir zum ersten Mal so deutlich wie noch nie zuvor und ich bekam große Angst, vorallem um meine drei Kinder. Nun mußte ich plötzlich selber einen Weg für mich finden, alleine Entscheidungen über meinen Behandlungsweg treffen, meine Wahrheiten von was finde ich richtig und was kommt nie in Frage, überprüfen.Ich spürte eine neue Kraft in mir wachsen, folgte meinen inneren Impulsen und kümmerte mich mehr um mich. In der Familie setzte ich engere Grenzen, verwöhnte nicht mehr nur, sondern ließ mich auch mal umsorgen, was allen sehr gut tat. Ich nahm meinen Körper viel mehr wahr, nahm ihn ernster und spürte mehr in ihn hinein. Wenn ich müde war, ruhte ich mich aus. Der Gedanke eventuell noch schlimmer krank zu werden, wurde ein ständiger neuer Wegbegleiter mit dem ich umgehen mußte.

Der Tod meiner Freunde jedoch blieb ein Schock und es fiel mir sehr schwer meine Trauer zuzulassen. Das alles war so eng an mein eigenes Schicksal geknüpft und ich spaltete viele meiner Gefühle einfach ab.

Eines Tages sah ich in unserem Gemeindeblättchen eine Anzeige:“ Ehrenamtliche Hospizbegleiter gesucht.“ Es wurde eine 1jährige Fortbildung mit Zertifizierung angeboten. Da eine meiner Freundinnen in einem Hospiz verstarb und sich dort sehr umsorgt gefühlt hatte, war schon ein Bezug zu diesem Thema da. Ich machte einen Gesprächstermin mit dem Koordinator der Gruppe und merkte in der Unterhaltung mit ihm sofort:“ das will ich machen!“ Ich spürte, hier finde ich Hilfe und einen neuen Weg . Einige Wochen später begann meine Ausbildung und schon nach dem ersten Wochenende fühlte ich mich um Tonnen leichter.

Und so ist es bis heute immer geblieben. Ich bin sehr gerne in meiner Gruppe, habe dort Menschen kennengelernt, die mit ähnlich sind und mit denen ich mich sicher und geborgen fühle. Die Arbeit mit Sterbenden ist sehr berührend und macht mir Freude. Man bekommt sehr viel und ich habe meine Ängste vor dem Tod verloren. Ich fühle mich zugehörig und gewinne eine große Kraft, die mir hilft, meine eigenen privaten und beruflichen Projekte zu erfüllen.

Der Tod ist ein Wegbegleiter geworden , meine verstorbenen Freunde sind immer nah bei mir und ich lebe nach dem Motto:

„SO LANGE ES SEIN DARF BIN ICH DABEI“